TINA 2020 - 2025 🕊️
Tina - Meine Kämpferin, mein Herzschwein, meine unvergessliche Freundin...
Liebe Tina…
Jetzt ist es schon eine Woche her, seit du uns verlassen hast. Und obwohl der Schmerz immer noch tief sitzt, scheint ein ganz kleines bisschen die Sonne in unseren Herzen. Sie beleuchtet das grosse Abenteuer, das wir mit dir erleben durften – ein Abenteuer, das so einzigartig und unvergesslich war wie du selbst.
Ich weiss, dass das, was du uns und mir hinterlassen hast, gewürdigt werden muss. Es ist mein Herzenswunsch, dein Leben, deine Entwicklung und die Spuren, die du hier hinterlassen hast, in Worte zu fassen – für uns, für dich und für alle, die verstehen sollen, wie gross deine Bedeutung war.
Dein Anfang bei uns
Es begann an einem warmen Maitag. Wir alle waren ausser uns vor Vorfreude auf dich und deine beiden Schweinekinder, Rosie und Frodo. Für euch hatten wir unseren ehemaligen Hühnerstall umgebaut, in ein Zuhause, wie es Schweine sonst kaum jemals erleben dürfen: mit kuscheligen Liegeplätzen, Platz zum Graben und Spielen, einer Schlammsuhle, täglichem Weidegang und allem, was ein Schweineherz begehrt. Ein kleines Paradies – weil ihr es verdient habt, weil die Welt verstehen soll, dass Schweine genau das brauchen, um wirklich glücklich zu sein.
Und dann kamst du. Nicht schüchtern, nicht zögernd – du warst eine Wucht! Während Bibi damals noch zögerlich aus dem Anhänger kletterte, bist du mit deinen Schweinekinder wie ein Sturm herausgeprescht, als ob du sagen wolltest: „Hier bin ich! Auf geht’s ins Leben!“ Ein kurzer Blick rechts, einer links, und schon warst du draussen, auf der Weide, in der Freiheit. Du warst eine Kämpferin, die sich ihren Weg bahnt, egal, was kommt.
Natürlich hatte die Freiheit ihre Tücken. Du hattest noch keine Erfahrung mit Stromzäunen und dein erster Kontakt damit war lautstark. Der Stromzaun wurde zu deinem ersten grossen Gegner. Dein Schimpfen hallt noch heute in meinen Ohren. Aber das warst du: stark, zielstrebig und unermüdlich. Eine Kämpferin, die sich durch nichts aufhalten liess. Für uns war das ein Moment, der uns lehrte, wie wichtig es ist, deinen Willen zu respektieren – und auch, dass wir dich und deine Kleinen erst einmal in Ruhe ankommen lassen mussten.
Wer dachte, dass du nach diesem ersten Abenteuer ruhiger werden würdest, hatte sich geirrt. Kaum warst du eingezogen, hast du deine Schwester Bibi und ihren Sohn Bilbo entdeckt. Und weil du, wie immer, zeigen wolltest, wer hier das Sagen hat, bist du entschlossen auf sie losmarschiert, um deine Ansprüche klarzumachen. Unsere erste Lektion in Sachen Schweinehaltung: Absperrgitter für Schweine wie dich müssen unerschütterlich sein! Es brauchte mehrere helfende Hände, um dich und deine unermüdliche Entschlossenheit davon abzuhalten, sogleich alle Wände einzureissen. Du wusstest immer, was du wolltest, und hast nicht gezögert, es einzufordern.
Dort wo du am glücklichsten warst
Doch hinter dieser kämpferischen Fassade lag so viel mehr. Du warst auch eine unermüdliche Wasserratte. Weil die Schlammsuhle anfangs nicht zugänglich war, hast du versucht, in deinem Trinkfass zu baden – ein Bild, das uns immer wieder zum Lachen brachte, denn natürlich hatte darin knapp eine deiner Pobacken Platz. Also haben wir dir und deinen Kleinen einen Pool gebaut. Und was für eine Freude das war! Wenn du planschtest, warst du ein anderes Wesen – frei, fröhlich, losgelöst. Es war, als würde all die Anspannung, all die Kämpfe, die du gekämpft hattest, von dir abfallen. In diesen Momenten begannst du, loszulassen – und vielleicht auch zu glauben, dass du endlich angekommen bist.
Mutterliebe
Am meisten aber hat mich deine Liebe als Mutter berührt. Wenn du bei Rosie und Frodo warst, wurdest du weich, zärtlich, geduldig und voller Hingabe. Egal, wie aufdringlich oder ausdauernd sie waren, du hast sie immer an deinen warmen Bauch gelassen, dort wo sie Geborgenheit fanden. Nach allem, was dir genommen wurde – all die Kinder, die du nie grossziehen durftest – hast du endlich erleben dürfen, was es heisst, Mama zu sein.
Und Rosie, dein Schweine-Mädchen, hat dir diese Liebe zurückgegeben. Sie war immer an deiner Seite, besonders in deinen letzten Wochen, als dein Körper schwächer wurde. Diese stille Nähe zwischen euch beiden hat mich zutiefst berührt. Es war, als würde Rosie spüren, dass sie für dich da sein musste, so wie du immer für sie da gewesen warst und jetzt blutet mein Herz für sie, denn ich sehe, wie sehr sie dich vermisst.
Deine Spuren
Die Zeit verging viel zu schnell. Letzten Sommer wurden deine Probleme immer sichtbarer. Deine Gelenke und Klauen machten dir das Leben schwer und du konntest dich nicht mehr so frei bewegen wie früher. Doch gerade diese letzte Phase, dich zu begleiten, es hat uns so nah zusammengebracht. Die Zeit, in der wir uns um dich gekümmert haben, in der wir dir das Futter ans Bett brachten, mit dir sprachen und dir einfach nahe waren – sie hat uns auf eine Weise verbunden, die ich nie für möglich gehalten hätte. Du hast gelernt, uns zu vertrauen, selbst in deiner grössten Verletzlichkeit. Du hast erfahren, dass Menschen dich lieben, dass sie dir helfen wollen, ohne dich zu bedrängen.
Und ich habe in dieser Zeit noch viel mehr deine Weichheit, deine Zärtlichkeit, dein grosses Herz entdeckt. Du, die Kämpferin, die Bulldozerin, die immer zielstrebig und voller Entschlossenheit ihren Weg ging, zeigtest plötzlich eine Verletzlichkeit, die mich tief berührte. Und dann war da dein Grunzen. Dieses leise, warme, tiefe Grunzen, mit dem du mich jeden Tag begrüsst hast. Es war nicht laut oder aufdringlich – es war wie eine sanfte Umarmung, eine kleine Botschaft, die sagte: „Ich sehe dich, ich vertraue dir.“
Dieses Grunzen war wie ein kleines Ritual zwischen uns, ein Moment der Verbindung, der mir immer wieder gezeigt hat, wie sehr du dich geöffnet hast, wie sehr du mich in dein Leben gelassen hast.
Es war, als hättest du mir mit jedem Grunzen ein Stück deines grossen Herzens geschenkt, und ich habe es so geliebt. Es war kein blosser Laut – es war eine Sprache, deine Sprache, und sie hat direkt mein Herz berührt. Und dieses Grunzen wird für immer in meinem Herzen nachklingen, so leise und doch so mächtig, so schlicht und doch so voller Bedeutung.
Dein Abschied
Dein letzter Tag kam viel zu schnell. Jetzt, wo du gegangen bist, trauere ich nicht nur um dich, sondern auch um die Zeit mit dir. Erst jetzt wird mir klar, wie reich diese Zeit war. Du hast uns so viel geschenkt – Freude, Lachen, Liebe und unzählige Lektionen darüber, wie komplex und wertvoll Schweine wirklich sind.
Tina, du warst nicht nur ein Schwein. Du warst ein Teil unserer Familie, ein Teil von mir. Du hast Spuren hinterlassen, die niemand jemals verwischen kann. Und ich verspreche dir: Deine Geschichte wird nicht vergessen. Die Welt soll wissen, wer du warst.
Danke, Tina, für alles. Du hast die Welt verändert – meine Welt. Du fehlst mir mehr, als ich je in Worte fassen könnte. Doch ich werde dich immer in meinem Herzen tragen – meine Kämpferin, mein Herzschwein, meine Freundin.
Für immer deine,
Fabienne